Enrico Pilz

Von allem ein bisschen, bitte.

Stricken

Im Mai habe ich durch Zufall herausgefunden, dass mein Ruhepuls sehr niedrig ist. Aus Interesse habe ich über einen ganzen Tag meinen Puls gemessen und festgestellt, dass an der Arbeit bzw. beim Programmieren der Puls nicht wesentlich über den Ruhepuls liegt. Im Gegenteil, als ein Kollege einen kniffligen Punkt mit mir diskutierte, ist er nochmal deutlich gesunken.

Diese Feststellung habe ich letzten Monat beim Frühstück erwähnt und eine Bekannte lachte mich aus (oder an), weil für sie feststand, dass ich an der Arbeit nicht nachdenke. Mich hat das sehr irritiert. Zum einen bin ich mir sicher, dass ich mich an der Arbeit zumindest ein bisschen konzentriere. Weiterhin bedeutet geistige Konzentration eine Belastung der Nerven. Diese haben dadurch einen erhöhten Sauerstoffbedarf, der durch einen schnelleren Herzschlag bereit gestellt wird. Der irritierende Widerspruch ist, dass mein Puls offensichtlich sinkt, wenn ich mich konzentriere.

Es hat sich ergeben, dass das Grübeln über diesen Widerspruch zu ein paar kleinen Erkenntnissen geführt hat.

Erstmal zum erhöhten Sauerstoffverbrauch: Bei der funktionellen Magnetresonanztomographie wird die Nerventätigkeit durch den Abfall der Sauerstoffkonzentration in den umgebenden Blutgefäßen gemessen. Eine lokal erhöhte Nerventätigkeit führt also zu einem lokal erhöhtem Sauerstoffbedarf. Dadurch könnte man schließen, dass eine komplett erhöhte Nerventätigkeit zu einem höheren Sauerstoffbedarf des Gehirns führt.

Leonard Mlodinow beschreibt, dass der Energieverbrauch des Gehirns von “vegging out” zu “playing chess” um 1 Prozent hochgeht (How Your Unconscious Mind Rules Your Behavior, S. 34). Dies wird dort als Beleg dafür genommen, dass die meiste Hirnleistung vom Unbewussten erledigt wird. Als Quelle ist eine Vorlesung von Christof Koch angegeben, die ich leider nicht nachverfolgen konnte, aber zu einem Vortrag über Brain, Mind, and Consciousness führt.

Weiterhin sinkt bei Aufmerksamkeit und Konzentration durch die Aktivität des Parasympathikus die Herzfrequenz, wie dies beispielsweise bei Meditation, Yoga, Puzzles oder Stricken der Fall ist. Allerdings sind dies geistige Tätigkeiten, bei denen man automatisch reagiert (Schach, Stricken) oder sich bewußt auf Nichts (Yoga, Meditation) oder nur einen Aspekt der Wirklichkeit (Puzzles) konzentriert. Unter Stress einen Artikel oder eine Klausur zu schreiben kann durchaus den Puls in die Höhe treiben. Das kann aber immer noch mit einer “fight or flight” Reaktion erlärt werden, die beim Programmieren eher kontraproduktiv ist und daher vermieden wird.

Leider konnte ich nicht abschließend klären, ob ich an der Arbeit geistig auf Leerlauf schalte oder hochkonzentriert bin. Zumindest weiß ich jetzt, dass Konzentration nicht mit einem erhöhten Puls einhergeht.

 

Früher: Sprüche fürs Tshirt

Später: Rückblick 2014 in manchmal kommentierten Zahlen