Enrico Pilz

Von allem ein bisschen, bitte.

Lob und Kritik

Wie kritisiert man richtig? Ich erlebe immer wieder die Vorstellung der konstruktiven Kritik, dass man erst irgendwas loben muss und dann alles ungehemmt niedermachen darf. Es folgt eine vereinfachte Betrachtung, die sich auf Jonglieren bezieht, aber auch verallgemeinert werden kann.

Lob

Man sollte nur Verhaltensweisen loben, die man bewahren möchte. Allerdings finde ich es dumm, Selbstverständlichkeiten zu loben, wenn jemand in der Textverarbeitung LaTeX verwendet oder beim Jonglieren ab und zu grad so einen Trick schafft. Das kann vielleicht jemand nachempfinden, der schon erlebt hat, dass jemand für einen unsauberen Fünf-Ball-Flash nach zehn, zwanzig Versuchen ein Lob will. Wenn ich hier also nicht lobe, dann nicht weil der Trick schlecht ist, sondern weil ein Lob an der Stelle die Motivation zerstört, denn ich erwarte von fast allen, dass mehr möglich ist. Das gilt übrigens auch, wenn jemand ein Lob dafür will, dass er den Abwasch gemacht oder den Müll runtergebracht hat.

Wenn ihr also loben wollt, dann sucht euch nicht irgendeinen Scheiss raus.

Man soll auch nicht allgemein, sondern gezielt loben. Dazu ein Beispiel:

“Die Homepage finde ich gut.”

ist eher ein Versuch sich einzuschleimen, dagegen drückt

“Die Homepage finde ich gut, weil sie zugleich einfach und informativ ist.”

ein Urteil aus, mit dem ich auch etwas anfangen kann.

Kritik

Es lohnt sich nie, viel Kritik anzubringen. Erstens wird man extrem unbeliebt, was man aber auch mit Absicht machen kann. Zweitens bleiben nicht mehr als ein, zwei Punkte hängen. Warum sich also einen Wolf schwätzen?

Man kann systematische und zufällige Fehler unterscheiden. Systematische Fehler werden meist mit guter Absicht oder aus Unkenntnis gemacht, daher lohnt sich ein Hinweis. Ein Beispiel sind konstante Anderthalbdrehungen beim Passen. Gegen Zufallsfehler bzw. Streuung kann man leider nichts machen, da lohnt nur üben, üben, üben. Ein Beispiel ist der Streuradius bei Dreifachdrehungen, sowohl die Drehung als auch die Wurfhöhe. Warum also unnötig meckern?

Ein beliebter Fehler ist die Verwechslung von Feststellung und Kritik. Ich höre nach Auftritten immer wieder, dass wieder viel runter gefallen ist, dass ich zu ernst gucke, dass ich mich nicht über jeden Drop ärgern soll. Das ist aber nur eine Feststellung. Erzählt mir etwas, was ich noch nicht weiß. Was kann man dagegen machen?

Schluss

Ich bin der Meinung, dass man Lob und Kritik sparsam und gezielt einsetzen soll. Vor allem Lob, weil man sich weder einschleimen noch den anderen abwerten möchte, aber auch Kritik, weil man den andern nicht verärgern möchte und meist nur wenig geändert werden kann.

Zusatz (8. Juli 2006)

Vielleicht sollte ich doch öfters den inneren Zensor sprechen lassen oder solche Sachen einen Monat liegen lassen und dann wegwerfen.

 

Früher: Das Übliche.

Später: Nontrivial Application